Redebeitrag „NS-Verherrlichung stoppen!“ zur Demonstration am 22.02.25

Liebe Genoss*innen, schön dass ihr alle hier seid. Ich lese heute einen Redebeitrag der Kampagne „NS-Verherrlichung stoppen!“ aus Wien zu den Protesten Gegen den „Tag der Ehre“ vor.

Das faschistische Gedenken zum sogenannten „Tag der Ehre“ findet seit 1997 statt. Dabei werden Angehörige der Waffen-SS und ihrer ungarischen Kollaborateure zu Helden verklärt: Am 11. Februar 1945, als Budapest bereits wochenlang von der roten Armee eingekesselt war, unternahmen diese einen erfolglosen, sinnlosen und tödlichen Versuch aus der Budapester Burg auszubrechen und zur Frontlinie zu gelangen, zwei Tage vor der Befreiung Budapests.

Seit ihrem Beginn 1997 ist die Veranstaltung für die rechtsextreme Szene in Europa ein wichtiges Event zur Vernetzung. Seit 2003 wird das faschistische Gedenken durch die ungarische Division des „Blood and Honour“-Netzwerks und „Legio Hungaria“ ausgerichtet. Es umfasst neben Gedenkmärschen, Kerzenniederlegungen, „historischen“ Führungen und Rechtsrockkonzerten auch die Teilnahme an dem als Wanderung getarnten Marsch „Ausbruch 60“.

Antifaschist*innen aus Ungarn haben sich schon von Beginn an gegen den faschistischen Aufmarsch gestellt und kontinuierlich Proteste dagegen organisiert. Seit einigen Jahren unterstützen wir als Kampange „NS-Verherrlichung stoppen!“ diese Proteste und gemeinsam konnten wir in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit für das internationale Treffen der Neonazis schaffen. Auch die Beteiligung durch Antifaschist*innen aus dem Ausland wurde immer größer. Erst vor zwei Wochen waren wir erneut gemeinsam mit knapp 500 Antifaschist*innen in Budapest auf der Straße.
Wir haben es geschafft, dass das faschistische Gedenken in der Burg aufgrund unseres Protestes nicht stattfinden konnte und von staatlicher Seite verboten wurde. In den Jahren davor fand dieses trotzdem, teils ohne Genehmigung an anderen Orten oder auch in der Burg statt. Durchgesetzt wurde das Verbot nie wirklich, aber uns war zuvor schon klar, dass wir uns als Antifaschist*innen auf den ungarischen Staat nicht verlassen können.

Auch wenn das neonazistische Gedenken auf der Burg verhindert werden konnte, finden weiterhin Gedenken an anderen Orten, Rechtsrockkonzerte in der Stadt, Kerzenniederlegungen in der Burg und dieses Jahr zum ersten Mal ein rechter Kongress statt. Die größte Aufmerksamkeit bekommt momentan der „Ausbruch 60“, eine staatlich gestützte „historischen Wanderung“ von Nazis entlang der Ausbruchsroute der SS. Es bleibt also noch viel zu tun, bis wir das faschistische Treiben rund um den „Tag der Ehre“ endlich beendet haben.

Doch der sogenannte „Tag der Ehre“ ist kein Einzelfall: Es gibt weitere Naziaufmärsche, die für die extreme Rechte Europas nach 1945 von großer Bedeutung sind. Dazu gehören der „Lukov-Marsch“ in Sofia, der „Tag der Legionäre“ in Riga, das mittlerweile nicht mehr in seinem ehemaligen Umfang dort stattfindende Ustaša-Gedenken in Bleiburg/Pliberg und die mittlerweile ebenfalls nicht mehr regelmäßig stattfindenden Hess-Aufmärsche in Berlin, Ingelheim oder Wunsiedel.

Nicht nur in Deutschland und Österreich also, sondern auch in einigen postsozialistischen Staaten Ost- und Südosteuropas haben sich seit den 1990er Jahren geschichtsrevisionistische und NS-verherrlichende Veranstaltungen etabliert, an denen sich Nazis aus ganz Europa beteiligen. Die Verherrlichung des Nationalsozialismus und seiner Verbündeten sowie die Relativierung und Leugnung des Holocausts sind zentrale Themen der extremen Rechten nach 1945. Wir, die Kampagne “NS-Verherrlichung stoppen”, ein transnationales Netzwerk aus antifaschistischen Gruppen und Einzelpersonen, haben uns zum Ziel gesetzt, die geschichtsrevisionistischen Aufmärsche in Europa zu stoppen!

An dieser Stelle möchten wir ebenfalls unsere Solidarität mit den Protesten gegen den „Lukov-Marsch“ in Sofia, die gerade dieses Wochenende stattfinden, und mit den Protesten gegen den „Tag der Legionäre“ in Riga Anfang März ausdrücken und hoffen, dass diese rechten Aufmärsche genauso wie der „Tag der Ehre“ bald Geschichte sind.
Zuletzt bleibt noch zu sagen: Auch wenn das unmittelbare Ziel unserer Arbeit gegen den Tag der Ehre in Budpest darin besteht, auf die faschistische Verklärung der Ereignisse vom 11. Februar aufmerksam zu machen und die geschichtsrevisionistische Wanderung zu verhindern, müssen wir den gesellschaftlichen Nährboden des Faschismus überall und jederzeit bekämpfen. Das Gedenken am sogenannten „Tag der Ehre“ wird zwar von ungarischen Neonazi-Gruppen organisiert, doch die Umdeutung der Geschichte ist keineswegs ein Phänomen, das auf die ungarische Rechte oder Rechtsextreme beschränkt ist. In ganz Europa erstarken rechte und autoritäte Kräfte, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus werden wieder salonfähig – sowohl auf der Straße, wie in den Parlamenten. Deswegen: Heute wie immer:

Kein Fußbreit dem Faschismus –
Den „Tag der Ehre“ verhindern!
Free Hannah! Und:
Freiheit für alle Antifaschist*innen!