07.08.2025 – Bericht vom 29. Prozesstag


Wenngleich der Prozess immer mehr dem Ende zugeht, hielt der Senat den 29. Prozesstag äußerst kurz. In etwa 2,5 Stunden wurden lediglich ein paar zusätzliche Videos gesichtet und Akten verlesen. Der Erkenntnisgewinn hielt sich in Grenzen.


Zu Beginn der Sitzung nahm die Verteidigung den eigenen Beweisantrag zurück, da der Senat diesem nicht nachgekommen war. Eine von der Verteidigung vorgeschlagene Sachverständige zum Tag der Ehre war am Vortag bereits gehört worden und einzelne Bilder der vermeintlichen Opfer, die diese im Kontext ihres neonazistischen Aktivismus zeigten, waren im Prozess auf Basis des Antrags eingeführt worden. 

In der Folge führte der Senat nochmals einzelne Beweismittel ohne größeren Zusammenhang ein. Gesichtet wurde ein Video, das zwei Beschuldigte beim Bezahlvorgang in einem Lokal wenige Stunden vor einer Tat zeigen soll, ein Video von einem Angriff auf einen Neonazi im Rahmen des Tags der Ehre 2022 (also ein Jahr vor den Angriffen, an denen Hanna beteiligt gewesen sein soll), sowie ein YouTube-Video von der „Wir sind alle Linx“-Demo in Leipzig. Dazu wurden einzelne Karten von Budapest und ein Privatfoto von Hanna gezeigt.

Bei den anschließenden Verlesungen aus verschiedenen Akten ging es insbesondere um die Durchsuchungen und vorübergehenden Festnahmen von E., C., und M. in Budapest. Durch eine Taxirechnung, die bei einem Beschuldigten gefunden worden war, hatte die Budapester Polizei eine Aufenthaltsadresse der Beschuldigten ermittelt und vor Ort in der Umgebung drei Personen festgestellt, die sich nach ihrer Wahrnehmung auffällig verhielten. Bei der Kontrolle wurden bei einer Person u.a. Handschuhe, ein Schlauchi und Pfefferspray beschlagnahmt. Hannas Verteidigung widersprach der Verwertung der in den Protokollen wiedergegebenen Aussagen der Beschuldigten E., C. und M. Des weiteren wurde ein Reservierungsvorgang zum Wohnungsmietvertrag zweier Beschuldigter vorgelesen, sowie die Einstellungsverfügungen von Strafverfahren gegen zwei Beschuldigte. Hintergrund ist, dass aufgrund der nun gegen sie erhobenen Vorwürfe diese Strafverfahren nicht mehr wesentlich ins Gewicht fallen. Richter Stoll sorgte hier für einen kurzen Moment der Belustigung im Publikum, als er die Bundesanwaltschaft fragte, wie es denn sein könne, dass die Untergetauchte E. in U-Haft sei. Dass diese sich schon vor mehreren Monaten gestellt hatte, war ihm offenbar entgangen. Verlesen wurde zudem das auf basc.news veröffentlichte Grußwort des noch untergetauchten Beschuldigten an seinen Bruder, der sich ebenfalls gestellt hat.


Zumindest etwas Einblick in die Ermittlungsarbeit der Soko LinX gab die Verlesung einer vom Senat beauftragten Nachermittlung bezüglich eines Thailandaufenthalts mehrerer Beschuldigter. Aus diesem waren im Prozess mehrfach Fotos gezeigt worden, die angeblich beschuldigte Antifas bei einer Kampfsportschule zeigen sollen. Die Cops hatten eine Postkarte an eine Mitbewohnerin sichergestellt, in der von einem Kampfsporttraining die Rede war. Daraufhin hatten sie die Internetauftritte aller Kampfsportschulen in der Umgebung des Urlaubsorts durchsucht, bis sie die Fotos gefunden hatten, die die Beschuldigten zeigen sollen.

Um 12:01 Uhr war der Verhandlungstag schließlich beendet, ohne dass eine neue Erkenntnis in Bezug auf Hanna erzielt worden wäre. Alle Beweismittel wurden ohne jegliche Kommentare oder Kontextualisierung eingeführt. Es ließ sich nicht wirklich erkennen, inwiefern sie Hanna substantiell be- oder entlasten sollen. In Bezug auf das Video der „Wir sind alle Linx“-Demo, an der Hanna laut Verfassungsschutz teilgenommen haben soll, ist anzunehmen, dass der Senat es einführte, um Hanna in den Kontext von militantem Demonstrationsgeschehen zu setzen und so als gefährlich darzustellen und eine Verurteilung auch auf Basis sehr dünner Indizien in Bezug auf die eigentlich vorgeworfenen Taten zu rechtfertigen. Zu sehen war Hanna auf dem Video im übrigen nicht.