24.06.2025 – Bericht vom 23. Prozesstag

Der heutige Prozesstag war der bislang kürzeste. Zunächst wurde eine Sprachverständige als Zeugin vereidigt und vernommen, die schilderte, wie genau sie beauftragt wurde und wie die Übersetzungsarbeit ungarisch-deutsch für das Gericht lief.

Dann wurden Urkunden verlesen. Die erste war direkt die interessanteste: Der stellvertretende Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz hat persönlich ein Behördenzeugnis unterschrieben, in dem ausführlich mehrere Überwachungsmaßnahmen gegen „Angehörige im kriminellen Netzwerk Antifa-Ost“ im Zusammenhang mit Veranstaltungen in Leipzig beschrieben werden.

In Chronologischer Reihenfolge:

Im August 2019 will der Verfassungsschutz die Teilnahme am Kampfsporttraining in der Gießerstraße 16 in Leipzig beobachtet haben.

Dass eine Person 2019 und 2020 ein Freiwilliges ökologisches Jahr bei einer Stiftung in Norddeutschland absolvierte findet ebenfalls Erwähnung.

2020 gibt das Bundesamt an, mehrere Einzelpersonen beobachtet zu haben, wie sie Veranstaltungen der „Sozialen Kampfbaustelle“, bspw. die Vortragsveranstaltung „Chile in Flammen – feministischer Widerstand in Chile“ im September im Leipziger Herderpark besuchten, und in deren Kontext spazieren gingen. Auch überwacht wurde die Teilnahme von Personen an der Veranstaltung „Rojava“ im Kornpark, ebenfalls September 2020. 

Die Demo „Wir sind alle LINX“ im September 2021 hatten die Verfassungsschützer natürlich auch auf dem Visier. Ein privates Treffen mehrerer Einzelpersonen in Jena im Januar 2022 wurde ebenfalls beobachtet, ebenso ein Umzug mehrer Personen nach Leipzig inkl. Auflistung einzelner Umzugshelfer, auch im Januar 2022. 

Weitere Beobachtungen betrafen Übernachtungen und Fahrradausflüge von Einzelpersonen in Leipzig im April 2022 sowei ein privates Treffen mehrerer Personen am Cospudiner See im Juni 2022.

Offen blieb, ob diese Überwachungsmaßnahmen unabhängig von den Antifa-Ost Verfahren eingeleitet wurden oder bereits 2023 im Zusammenhang mit konkreten Ermittlungen dazu standen.

Die Verteidigung widersprach der Verwertung des verlesenen Behördenzeugnisses und argumentierte zudem, dass das Zeugnis wenn überhuapt nur ein geringer Beweiswert zukomme, da nicht überprüfbar sei, woher die darin genannten Informationen stammen und auf welche Grundlage sie erhoben wurden.

Im Anschluss werden Akteneinträge zu Ermittlungsmaßnahmen verlesen, die unter anderem Auskunft darüber gaben, welch absurden Aufwand das LKA Sachsen zu betreiben gewillt ist, um die Ringgrößen der Beschuldigten festzustellen, um ihr beschlagnahmte Fingerringe zuordnen zu können. Weitere verlesene Dokumente gaben Überwachungsvermerke aus Budapest wieder sowie Aussagen von ungarischen Polizeibeamten.

Um 11.01 wird die Sitzung geschlossen, kurz nachdem für den nächsten Verhandlungstag der Sachverständige Prof. Dr. Winkler mit seinem Gutachten angekündigt wurde.