25.06.2025 – Bericht vom 24. Prozesstag

Am 24. Prozesstag stellte der Sachverständige Professor Winkler sein Gutachten zum Fascho Fischer vor, demzufolge dessen heutiger Gesundheitszustand nicht in Zusammenhang mit dem Angriff auf ihn in Budapest steht. Zudem sagte Rückert vom LKA Thüringen zu den Beziehungen zwischen den Beschuldigten aus, konnte aber keine Verbindung zwischen Hanna und anderen Beschuldigten herstellen.

Auch am 25.06. ging es wie gewohnt mit leichter Verspätung los. Diesmal waren nicht nur der Senat, die Vertreterinnen der Generalbundesanwaltschaft sowie Hanna und ihre Verteidigung gekommen, sondern auch die beiden Sachverständigen Professor Winkler und Eisenmenger, sowie die aus dem NSU-Verfahren bekannte rechte Szeneanwältin Schneiders, die für den Fascho Fischer die Nebenklage übernimmt. Hintergrund war, dass Professor Winkler sein Gutachten vorstellen sollte, ob der heutige Gesundheitszustand von Fischer mit dem Angriff in Budapest zusammenhängt. Bei Fischer wurde das in Europa sehr seltene Moyamoya-Syndrom diagnostiziert. Etwa neun Monate nach dem Tag der Ehre hatte er seinen ersten Schlaganfall und es wurden zwei OPs nötig. Seit letzterer hat er Schwierigkeiten beim Sprechen und motorisch beim Bewegen seines rechten Armes. Winkler stellte aber klar, dass letztlich auszuschließen ist, dass das Syndrom durch den Angriff ausgelöst wurde. Damit die Schläge derartige Symptome auslösen können, hätte er deutlich schwerere Verletzungen erleiden müssen. Die CT-Bilder aus Ungarn belegen jedoch, dass Fischer keine Schädel-Basis-Verletzung und keine inneren Hirnverletzungen hatte. Winkler hatte anonymisiert den Fall auch nochmal mit Kolleg*innen aus Japan besprochen, wo die Krankheit deutlich häufiger ist. Auch sie waren alle seiner Meinung, dass kein Zusammenhang zwischen den Verletzungen im Rahmen des Tags der Ehre und dem Moyamoya-Syndrom bei Fischer besteht. Auf Nachfrage von Verteidiger Stolle erläuterte Winkler, dass sehr schwere Verletzungsbilder v.a. entstehen, wenn auf regungslos am Boden liegende Personen weiter eingeschlagen wird. Das war bei Fischer, der gar nicht zu Boden gegangen war, nicht der Fall.

Nach einer kurzen Unterbrechung der Verhandlung verlas der Senat zwei Beschlüsse, wonach mehrere ungarische Augenzeug*innen und das vermeintliche Angriffsopfer Tóth audiovisuell vernommen werden sollen. Ob das bei Tóth auch klappen wird, ist jedoch fraglich, denn er lehnt eine Aussage vor einem deutschen Gericht ab. Anschließend wurden Lichtbilder zum Tag der Ehre und den Angegriffenen vorgelegt. Diese belegten deren radikal rechte Einstellung. So waren Liptáks Aktivitäten in rechtsradikalen Hooligangruppen zu sehen, ein Bild zeigte ihn mit Hitlergruß, weitere Dudog u.a. mit Blood & Honour- bzw. Wilk und Baran mit Ruch Narodowy-Fahne und Fischer im Interview mit dem Löwenstadt Fightclub aus Braunschweig. Vor der zweistündigen Mittagspause wurde noch aus den ungarischen Akten verlesen: Dabei ging es im Wesentlichen um die Gegenstände, die bei einzelnen Beschuldigten bei der Gegendemo bzw. beim Verlassen der vermutlich von ihnen genutzten AirBnB-Wohnung beschlagnahmt wurden.

Zu Beginn des Nachmittags ging es um den Antrag auf Akteneinsicht von Schneiders, die inzwischen schon abgereist war. Die Verteidigung meldete hier Bedenken an und auch die Generalbundesanwaltschaft wollte die Akteneinsicht für die rechte Szeneanwältin auf die Teile beschränken, die Fischer betreffen. Dem schloss sich die Verteidigung schließlich an. 

Um Punkt 13:12 Uhr erschien dann Kriminalhauptkommissarin Rückert vom LKA Thüringen, um auszusagen, inwieweit Verbindungen zwischen den Beschuldigten bestehen. Das LKA Thüringen hatte der SOKO LinX in Bezug auf Beschuldigte mit Wohnsitz in Thüringen zugearbeitet. Die Antifaschistin L. will Rückert selbst auf Aufnahmen aus Budapest wiedererkannt haben, weil sie sie aus anderen Verfahren kenne, obwohl sie zugeben musste, dass sie L. noch nie persönlich gesehen hatte. Ausgerechnet auf Hanna ging sie gar nicht ein, zu ihr war ihr offenbar nichts bekannt. Andere Beschuldigte sollen sich gekannt haben, weil sie auf der gleichen Schule waren oder gemeinsam aktenkundig geworden sind. Darunter waren immer wieder aber auch einfach gemeinsame Demoteilnahmen. Auf die Nachfrage der Verteidigung, wie viele Personen denn bei den entsprechenden Anlässen kontrolliert worden seien und ob sie Erkenntnisse habe, dass die Beschuldigten wirklich gemeinsam zur Demo gegangen waren, musste sie passen. Nicht nur Beschuldigte des Budapestkomplexes, sondern auch Personen aus ihrem Umfeld wie Mitbewohner*innen waren Thema der Befragung von Rückert. Aus Hausdurchsuchungen hatte Rückert private Bilder, auf die sie sich bezog, um zu belegen, wer in einem engeren Verhältnis zueinander gestanden habe. Zur Verbindung der Personen zu den Beschuldigten aus Italien hatte Rückert keine Kenntnisse. Auf Nachfrage von Richterin Wosylus erklärte Rückert, dass das LKA Thüringen nicht überwache, wer die beschuldigten Antifas in U-Haft besucht, das LKA Sachsen würde dies aber machen.

Mehr ergab die Befragung nicht und so war der Prozesstag um 14:43 Uhr auch schon wieder zu Ende. Abschließend wurde lediglich noch das Programm für die nächsten Prozesstage verkündet. Für den 15.7. ist voraussichtlich nochmal Professor Labudde geladen, der das Gutachten auf Basis des demütigenden 3D-Körperscans verfasst hat. Die Prozesstage am 16.7. und 17.7. beginnen ausnahmsweise bereits um 9 Uhr. Hier sind weitere Zeug*innenvernehmungen vorgesehen, teils per Video aus Ungarn zugeschaltet.