17.07.2025 – Bericht vom 27. Prozesstag

Der 27. Prozesstag beginnt mit einem Wunder der Digitalisierung. Nachdem am Vortag die technische Hürde des Videoanrufs nicht überwunden konnte und die Justiz daran scheiterte diesen herzustellen, konnte mithilfe eines Technikers eine Videoverbindung zum Ungarischen Gericht hergestellt werden.

Die erste Zeugin hat eines Mittags im Februar 2023 erlebt, wie eine Gruppe an Menschen von „Rechts nach Links“ gelaufen sei und dann „Links“ eine Person geschlagen haben sollen. Laut ihr hätten einige aus der Gruppe die Person festgehalten, andere zum Teil mit Schlagstöcken zugeschlagen und wieder andere Passant*innen abgehalten haben. Trotz der Audiointervention (Möglicherweise so etwas wie:“Stopp“) der Zeugin habe die Gruppe ihr Schaffen weitergeführt und nachdem der Geschädigte gepfeffert wurde auf ein Signal hin den Tatort geschwind verlassen. Anschließend wurden Bullen und RTW gerufen und erste Hilfe geleistet.

Auch die anschließende Befragung war nicht aufschlussreich reicher, verdeutlichte jedoch die bereits bekannten tendenziösen Machenschaften des Senats. So sagte die Zeugin aus, nachdem Überfall viel gegrübelt und nachdem Schock viel über den Vorfall nachgedacht zu haben, jedoch keinerlei psychische Verletzungen davongetragen zu haben. Diese Aussage änderte sie jedoch, als suggestiv gefragt wurde, ob sie Schlafstörungen oder Angst gehabt hätte. Auch hakte der Sachverständige weiter nach und sucht nach Hinweisen, die den versuchten Mord Vorwurf stützen. Die Zeugin war sich jedoch bezüglich Tritten – die in diesem Kontext den Vorwurf versuchten Mord stützen sollen – nicht sicher. Daraufhin wurde die Zeugin – ohne große neue Erkenntnisse – entlassen.

Der nächste Zeuge hat von einem anderen Fall mitgekriegt. Er berichtete, dass er gesehen habe, wie eines Abends eine Gruppe aus 6-10 Menschen schnell in eine Richtung gingen. Wenige Zeit später soll die Gruppe davon gelaufen sein und er bemerkt haben, dass dort eine Frau sowie ein Mann zurückgeblieben sein sollen. Erstere soll unter Schock gestanden sein und Zweiterer bewusstlos. Nachdem die Frau ihm gegenüber den Angriff bestätigt hatte, rief er einen RTW und die Bullen, welche bereits nach drei Minuten vor Ort waren.

Auch bei diesem Zeugen ergab die Befragung, ausgenommen einiger Widersprüche zu Aussagen von 2023, relativ wenig: Bullen waren schnell da, eine Gruppe, die er nicht beschreiben kann, ist Richtung McDonalds gelaufen, weitere Menschen kamen aus Lokalen dazu, der Geschädigte hat stark geblutet, die Geschädigte stand unter Schock, …

Der dritte Zeuge des Tages trat an besagtem Tag in einem Lokal auf und bekam in einer Pause von der Auseinandersetzung mit. Er eilte, laut seiner Aussage, daraufhin zur Hilfe und berichtete, dass sowohl der Geschädigte als auch seine Lebensgefährtin bei Bewusstsein waren. Der Geschädigte lehnte das Hilfsangebot ab, während seine Frau weiter unter Schock stand. Der Zeuge hinterließ seine Visitenkarte. Da der eingedellte Fascho SS-Symbole auf seiner Kleidung trug und er anfing „fürchterlich auf die Juden zu schimpfen“, entschied er sich wieder ins Lokal zu gehen, weil er davon nichts hält.

Infolge der Befragung ergaben sich leider, bei diesem scheinbar stabilen Zeugen, einige Widersprüche zu einer früheren Aussage, welche er wenige Tage nach dem Vorfall abgegeben hatte. Diese war jedoch unabhängig von der Tat. Es ging um ein gerufenes Taxi, mit dem er eventuell früher das Konzert verlassen wollte und einen möglichen Zusammenstoß mit einer beteiligten Person, an den er sich heute ebenfalls nicht mehr erinnern konnte. Außerdem erinnerte er sich nicht mehr daran, ab wann die Auseinandersetzung begann und auch zu den Täter*innen konnte er nichts sagen. Seinem Eindruck nach, handelte es sich nicht um einen hoch organisierten Überfall, sondern es erinnerte ihn eher an Fußball Ultras. Eine „klassische Schlägerei mit allen Elementen eben“, sagte er, als nachgefragt wurde, ob auch getreten wurde. Nachdem der Zeuge entlassen wurde, lautete das Resümee des Richters, dass er „bedenkliche Lücken des Gedächtnisses gehabt hätte“.


Den Höhepunkt erreichte der Tag mit der Aussage des letzten Zeugen: Der Geschädigte Fascho „Tóth“, welchen wir alle bereits aus der Videoaufnahme kennen. An besagtem Tag soll er auf dem Weg zur Arbeit gewesen sein. Bereits zuvor hatte ihn eine junge Frau angesprochen und gefragt, ob er an diesem „Marsch“ teilnehme, weil er so aussehe. Das verneinte er, sagte jedoch, dass er Leute kenne, die marschieren würden. Wenige Meter bevor er die Tür zu seinem Arbeitsplatz erreichte, soll er von hinten angegriffen worden sein. Wie auf dem Video zu sehen, sagte er aus, dass mehrere vermummte Personen ihn angriffen hätten und zum Teil versuchte hätten, seine Arme und Beine zu fixieren. Am Ende des Angriffs soll es noch eine Ladung Pfeffer gegeben haben, bevor die Gruppe wegrannte. Direkt anschließend kamen Menschen, die von der Tat mitgekriegt hatten und die Polizei sowie ein RTW wurden gerufen. Final wurden seine sieben Wunden (laut Krankenhausbericht waren es fünf) am Kopf mit insgesamt 24 Stichen genäht, er hatte eine Menge Prellungen und drei Rippen waren gebrochen – die Rippenbrüche wurden jedoch erst sechs Wochen später festgestellt. Auch waren seine Augen wegen dem Pfeffer geschwollen. 

Die anschließende Befragung ergab außerdem, dass er heute immer noch gelegentlich bei Wetterumschwüngen Rippenschmerzen habe. In psychischer Behandlung sei er heute nicht, wäre aber weitaus aufmerksamer bezüglich seiner Umgebung als früher. Er habe außerdem seinen Arbeitsplatz gewechselt und soll nach der Tat vier bis sechs Wochen krankgeschrieben gewesen sein. Über psychisches Langzeitschäden klagt er nicht. Auch nach seiner politischen Überzeugung wurde kurz einmal gefragt. Er gab an „stolzer Ungar“, im Schützen-, sowie in einem Verein zur Traditionspflege zu sein. Ebenfalls gab er an, die Frau, die ihn angesprochen hatte identifizieren zu können. Nach einer kurzen Pause präsentierte der Senat einige Netzfunde, welche einen Kopf mit Platzwunden zeigte, die „Tóth“ als seine erkennen konnte. Anschließend wurde er entlassen und die audiovisuelle Verbindung beendet.

Der Sachverständige fragte anschließend noch, ob er die Asservate aus Ungarn bekommen könnte, was bejaht wurde.

Die Verteidigung stellte einen Antrag bezüglich „vorläufiger Würdigung“ (§265 StPO). Aus dem Ordungsgeldbescheid vom Vortag geht hervor, dass der Senat bereits bei den Menschen aus den Videos von „Mitgliedern“ einer kriminellen Vereinigung spricht. Der Richter sagte dazu, dass er sich Gedanken mache.


Hanna bekam einen Stick mit Dokumenten. Für den nächsten Tag ist die Sachverständige geladen, die über den „Tag der Ehre“ berichtet. Außerdem wurde betont, dass die aktuell angesetzten Verhandlungstage bestehen bleiben und ausreichen sollen. In diesem Kontext hielt die Verteidigung fest, dass sie ihr Plädoyer nicht am gleichen Tag wie die Bundesanwaltschaft halten möchte.